Wir Menschen entwickeln Denk-, Verhaltens-, und Reaktionsmuster und halten diese aufrecht. Manche davon sind nicht sehr sinnvoll, nicht nützlich in Beziehungen oder sogar lebensfeindlich.
Wie können wir also Muster, die uns hinderlich, überflüssig oder schwächend erscheinen, wirksam ändern?
Um Muster (ab)lösen zu können, müssen sie uns erst eimal bewusst werden. Sie müssen durch unsere bewusste Persönlichkeit laufen und von uns wahrgenommen oder bewusst erlebt werden, um dann erneuert, genauer gesagt: ersetzt werden zu können.
Muster lösen durch Bewusstheit
Muster, denen wir tagtäglich folgen, sind klar umrissene Bewusstseinsformen, die von unserem Gehirn gespeichert werden, um automatisch ablaufen zu können. Von den alltäglichen Angewohnheiten bis zur scheinbar unüberwindlichen Zwangshandlung – das Hirn speichert, hauptsache Befriedigung, Beglückung oder Wohlbehagen treten ein. Bewusstsein an sich hat keine bestimmte Form. Wir geben dem Bewusstsein im Laufe der Jahre seine Prägung und halten diese in uns aufrecht. Unser Gehirn speichert also das, womit es regelmäßig versorgt wird und wiederholt das, was Glück verspricht.
Versuchen wir Muster durch Bewusstheit zu lösen, dann beobachten wir unsere Muster ohne sie zu analysieren. Wir leben unser Muster weiter, wie bisher und sind ganz wach und aufmerksam dabei: Wir registrieren ganz genau, wie wir wieder weiter arbeiten, obwohl wir müde sind. Wir bekommen mit, wie wir für andere etwas organisieren, obwohl wir selber genug um die Ohren haben. Es wird plötzlich ganz klar, wie sehr wir uns unter Druck setzen, streng mit uns sind und uns innerlich mit hohen Ansprüchen antreiben. Und sind ganz bei der Sache, während wir wieder Wäscheberge oder Schreibtischchaos produzieren. Wir sind ganz wach und anwesend, während wir unseren Programmen folgen. Der Unterschied zu vorher ist, dass nun unser Muster intensiver, deutlicher und genauer von uns erlebt wird. Das Muster ist nicht mehr allein – wir sind dabei!
Durch Bewusstheit lassen sich Muster nicht löschen. Sie werden greifbarer und können abgeschwächt werden, da sie zunehmend ihre Überlegenheit verlieren. In jedem Moment, in dem wir wach und aufmerksam bei uns sind oder wertfrei unser Muster beschreiben, wird es schwächer. Jedes Mal, wenn wir unserem Muster folgen, es leben oder analysieren, halten wir es am Leben und stärken es.
Muster lösen durch Weigerung
Haben wir das Muster erst einmal erkannt, dann können wir uns weigern, es zu leben, es auszuführen und zu bedienen. Weigerung ist eine Gabe des Willens. Das liegt nicht Jedem. Menschen, die sehr trotzig, dickköpfig und eigenwillig sein können, haben hier gute Karten. Sie können sich verweigern. Ihre Kraft, etwas abzulehnen, kann dazu führen, dass eingefahrene Muster keine Chance mehr haben.
Das vertraute Muster wird einfach unterbrochen: Stopp, das mache ich nicht mehr! Das will ich nicht mehr! Halt, so nicht weiter! Dafür stehe ich nicht länger zur Verfügung! Diese Methode muss jedoch sehr konsequent über längere Zeit durchgehalten werden, denn nur dann kann das Muster nachhaltig geschwächt werden. Ein Muster lebt, wenn wir es durchleben. Weigern wir uns, es zu durchleben, dann verkümmert es.
Besonders bei Süchten aller Art, kann es sehr hilfreich sein, einen Entzug zu machen, indem die Substanzen und Angewohnheiten komplett verweigert werden. Hier ist ein radikaler Verzicht oft unumgänglich, um entweder überhaupt davon weg kommen zu können, wenn es keine Kontrolle mehr gibt oder um ein gesundes Maß an Genuss, Unterhaltung und Zeitvertreib wieder zu erlangen. Denn das Verlangen nach Glücksmomenten bzw. -hormonen, das hier eine große Rolle spielt, egal um welche Sucht es sich handelt, kann sich durch Entsagung wieder regulieren.
Eine Weigerung funktioniert jedoch nicht, wenn es um starke Traumatisierungen geht. Hier kann unser Wille nicht all zu viel ausrichten, da Traumatisierungen oft an zu viel Angst gekoppelt sind und entsprechende emotionale Reaktionen erzeugen können, die allein durch unseren Willen nicht aufzuhalten sind. Hier ist eine mittragende Begleitung ratsam, in der starke Emotionen vielleicht sogar körperlich mitgehalten werden und die Erfahrung gemacht werden kann, dass nichts Schlimmes passiert, wir stattdessen fühlbaren Halt und Schutz bekommen.
Muster lösen durch Ersatzmuster
Wenn wir unseren gewohnten Mustern nicht mehr folgen wollen, dann brauchen wir Alternativen, die wir denken, mit denen wir reagieren und handeln können, so dass das alte Muster überschrieben werden kann. Unser Gehirn ist absolut bereit dazu, sich umzustellen, wenn wir ihm neue Muster anbieten. Natürlich geht das nicht von heut auf morgen, wir müssen üben und dran bleiben, bis das Neue für uns zur Normalität geworden ist – unser Gehirn mit dem Einspeichern fertig ist.
Ganz praktisch funktioniert das so, dass wir etwas tun, was für uns ganz persönlich eine annehmbare Alternative darstellt. Eine Strategie, die etwas besser, gesünder oder sinnvoller ist, als das, was vorher war. Das Neue sollte machbar sein, keine zu große Veränderung, denn wenn sie zu groß ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass wir in alte Muster zurück fallen, weil wir nicht durchhalten.
Am Anfang muss der Wechsel keineswegs perfekt sein. Unsere alten Muster sind da und sie werden in uns auftauchen, wenn sie das für nötig halten. Wenn das Muster auftaucht, dann haben wir nun aber die Wahl in unsere neue Strategie zu wechseln. Gut sind hier immer alle Strategien, die unserem Wesen entsprechen, denn diese fallen uns von Natur aus leichter, als Strategien, die von guten Ratschlägen ausgehen, also all jene Vorstellungen, die vielleicht für andere passen, aber nicht für uns.
Hier ein paar Anregungen:
Altes Muster: Sie schaut immer danach, wie es den Anderen geht, was andere sagen und tun, bis sie sich selber nicht mehr spürt und kennt. Neues Muster: Sie bezieht sich in ihre Aufmerksamkeit mit ein und nimmt wahr, wie es ihr selber geht und was sie denkt und bringt sich damit in die Beziehungen ein.
Er stellt sich im Gespräch über seine Mitmenschen, indem er belehrt und urteilt. *** Er fragt offen und interessiert, wie es dem Anderen geht und was dieser erlebt hat.
Sie fühlt Überlastung und lässt ihre Spannungen an der Familie ab. *** Sie fühlt Überlastung und tut sich etwas Gutes.
Er fühlt sich verunsichert und führt im Gespräch Monologe, um sich sicherer zu fühlen. *** Er fühlt sich verunsichert und kommuniziert dies kurz, um wieder im Kontakt sein zu können.
Sie ist unzufrieden und nörgelt an ihrem Mann herum. *** Sie ist unzufrieden und bittet ihrem Mann, ihr zu zu hören, so dass sie über ihre Gefühle sprechen kann.
Er will seine Ruhe haben und setzt sich an den Computer. *** Er will seine Ruhe haben und sucht einen Ort der Stille, wo er zu sich kommen kann.
Sie ist sehr aufgewühlt, weil eine Begegnung anders ausging, als sie es sich dachte. *** Sie ist sehr aufgewühlt, weil etwas anders gekommen ist, als sie dachte und lenkt sich ab, um sich nicht rein zu steigern.
Er fühlt sich ungenügend, was dazu führt, dass er immer mehr arbeitet. *** Er ist im Hier und Jetzt und tut nur Dinge, die anstehen und in diesem Moment erledigt werden können.
Sie sorgt sich immer wieder um die Zukunft. *** Sie kümmert sich darum, dass sie jetzt in diesem Moment geistig, seelisch und körperlich gut versorgt ist.
Er muss ständig etwas unternehmen, um seine innere Unruhe zu bändigen, was ihn erschöpft. *** Er unternimmt Dinge, die ihn nähren und beruhigen.
Sie verteidigt sich immer, wenn jemand sie kritisiert. *** Sie spricht darüber, wie es sie angreift, wenn ihr das Gefühl gegeben wird, nicht richtig zu sein.
Er ist verwirrt und fühlt sich nicht mehr, wenn seine Frau Gefühle zeigt oder Spannungen hat. *** Er kommuniziert, was ihm entgegen kommt und zeigt Mitgefühl.
Sie ist schüchtern und hält sich für dumm. *** Sie spürt ihr liebevolles Wesen und interessiert sich dafür, wie es dem Anderen geht.
Er wird laut und schreit andere an, wenn der Stresspegel ansteigt. *** Er will die Dinge so wie sie sich zeigen und sagt kraftvoll und bestimmt, wo seine Grenzen sind.
Sie fühlt sich deprimiert, weil keiner sie liebt, wertschätzt und sieht. *** Sie geht liebevoll mit sich um, ist gut und aufmerksam mit sich und anderen.
Er versucht immer gut zu sein, um keine Konflikte zu erzeugen. *** Er bemüht sich um angemessenes Verhalten, was Grenzen und Konflikte mit einbezieht.
Sie fühlt sich für alles und jeden verantwortlich. *** Sie lenkt ihr Verantwortungsgefühl und ihre Fürsorge mehr und mehr zu sich selbst.
Wirklich starke Muster, die massive psychische Belastungen kompensieren müssen, lassen sich nicht so leicht verändern, da sie zu unseren hochwirksamen Sicherheitsvorkehrungen gehören, so dass wir innerlich im Gleichgewicht bleiben können. Hier ist es ratsam, sich Unterstützung zu holen, bis Veränderungen nicht mehr als „gefährlich“ empfunden werden. Veränderungen dürfen nervig sein, keinen Spass machen, langweilig, aufregend oder langwierig sein, sie dürfen auch alles durcheinander bringen oder mühsam erscheinen, aber sie sollten für unser Innerstes keine Bedrohung darstellen. Das nutzt niemandem.